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06.03.02

 

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Rubrik: Geld
Unterrubrik: Management

Gute Zeiten, schlechte Pleiten

Wer Probleme rechtzeitig erkennt,
kann die Unternehmenskrise meist verhindern

"Fehler vertuschen ist falsch, denn Fehler zu vermeiden lernen wir gerade von unseren Fehlern." Das hat schon Sir Karl Popper erkannt, lange bevor man das Krisenmanagement in Unternehmen kannte. Fehler bewusst zu übersehen oder nicht wahrhaben zu wollen, kann schlimmstenfalls die Existenz eines Unternehmens bedrohen. Denn eine Insolvenz kommt niemals von heute auf morgen; es gibt immer eine ganze Reihe an Hinweisen, die auf eine Krise schließen lassen.

Von Robert Kümmerlen

"Eine bedrohliche Situation für eine Firma entsteht niemals monokausal, also auf Grund eines Fehlers allein", sagt Peter Höbel, Geschäftsführer der Unternehmensberatung für Krisenmanagement Crisadvice. "Vielmehr ist es die Summe von Problemen, die in die Krise führt." Doch es gibt Warnzeichen. Wer diese erkennt, hat eine realistische Chance, Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Ein Blick auf die Werbung zeigt, dass alle Unternehmen - gleich welche Branche - im Grunde vier Dinge wollen: Die Kunden zufrieden stellen und neue gewinnen, Produkte und Dienstleistungen ständig verbessern, die Finanzsituation beherrschen sowie Konzepte und Ziele für die Zukunft entwickeln. Darüber hinaus gibt es natürlich zahlreiche weitere Aspekte, die Bestandteil einer Unternehmensphilosophie sein können. Doch wenn einer der genannten Punkte nicht reibungslos funktioniert, kann das bereits der Auslöser für eine Krise sein. Das Wirtschaftsglück liegt nun nicht in der Hand des Firmenchefs allein. Es gibt äußere Umstände, auf die ein Unternehmen lediglich reagieren kann, wie Konjunktur, Marktveränderungen oder Kaufverhalten der Kundschaft. Interne Konditionen, die sich beeinflussen lassen, sind dagegen die Unternehmensstrategie und die Positionierung im Markt.

Die Fehler, die innerhalb eines Unternehmens zu einer Krise führen können, sind vielfältig. Mangelnde Qualifikationen der Mitarbeiter, unpassendes Konzept, mangelnde oder unausgereifte Marketing und Vertriebsaktivitäten, falsche Standortwahl, unangemessene Einschätzung der Marktlage oder eine schlechte Finanzierung sind häufig der Beginn des Untergangs.

Doch solange sich ein Unternehmer auf der sicheren Seite glaubt, ist es schwer möglich, Probleme früh zu erkennen. "Viele wollen die Probleme nicht wahrhaben, und wenn sie sie erkennen, ist es oft schon zu spät", weiß Höbel. Daher empfiehlt es sich, von Zeit zu Zeit das Unternehmen kritisch zu hinterfragen. Krisenmanagement heißt nämlich nicht, dass man erst dann zu handeln beginnt, wenn der Eisberg bereits in Sicht ist. Früherkennung soll es ermöglichen, Risiken aufzudecken und eine neue Route einzuschlagen - wodurch sich wiederum auch neue Chancen ergeben. "Wenn ein Unternehmer glaubt, einen Krisen plan entwickeln zu müssen, ist das bereits die halbe Miete, denn er hat den Handlungsbedarf erkannt."

Jedoch ist nur ein mutiger Unternehmer in der Lage, Fehler einzugestehen. Doch wie lässt sich nun erkennen, ob ein Unternehmen gefährdet ist? Hierbei ist ein Fragenkatalog hilfreich. Um einen Weg aus der Krise zu finden, müssen darüber hinaus folgende Fragen beantwortet werden:

- Welche Probleme bedrohen die Existenz der Firma?

- Wie hoch sind Personal und Materialkosten?

- In welchen Bereichen liegen die Stärken des Unternehmens?

- Wie lässt sich die Produktpalette verkleinern, ändern oder erweitern?

- Wie effizient arbeiten Marketing und Vertrieb?

- Wie sicher ist die Finanzierung?

- Welche Märkte lassen sich neu erschließen, welche sind überholt?

Die Beantwortung dieser Fragen kann für den Unternehmer oder das Management äußerst schwierig sein. Mitunter können ein externer Berater oder andere vertrauenswürdige Personen hilfreich sein. In jedem Fall gilt: Patentrezepte oder Anleitungen zur Bewältigung von Problemen und Krisen gibt es nicht. Jede Situation ist anders. "Es gibt nicht den universellen Krisenplan", betont Höbel. "Er muss immer spezifisch sein."

Eine Erfolg versprechende Möglichkeit ist es, auf Personen zurückzugreifen, die bereits Erfahrung im Krisenmanagement haben (siehe hierzu auch das Interview). Mitunter lassen sich die Herausforderungen leichter und besser meistern durch ein erweitertes Management. Diese Aufstockung der Führungsebene ist in der Regel zeitlich befristet.

Ein solcher Lotse benötigt Fachkenntnisse wie spezifisches Branchenwissen. Berufliche Erfahrungen sollten vorhanden sein sowohl im kaufmännischen Bereich als auch in Handel, Transport, Logistik und Technik. Ebenso muss er über gesunden Menschenverstand, Verantwortungsbewusstsein und soziale Kompetenz verfügen.

Im besten Fall strebt er einen kreativen Lösungsprozess an. Das bedeutet, die Probleme als Chance zu verstehen, setzt allerdings auch voraus, die richtige Methode zur Lösung zu haben. Um diese zu finden, können Kreativitätstechniken helfen. Wichtig ist, schnelle, klare und nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen und nicht zu warten, bis möglichst viele Informationen gesammelt sind. Stattdessen sollten besser Lösungsalternativen gesammelt werden.

Ein Lotse weiß dies, denn er hat in seiner Laufbahn bereits unterschiedliche Herausforderungen gemeistert. Das hat zur Folge, dass er in diesem Bereich immer wieder angesprochen und eingesetzt wird. Um Erfolg zu haben, muss er volles Engagement einbringen, ohne dabei zum kühlen und rücksichtslosen Managertypen zu werden. Auch darf die Abhängigkeit der Mitarbeiter von ihm nicht zu groß werden. Die Mannschaft muss in der Lage sein, sich nach seinem Weggang selbst zu führen.

Selbst wenn ein Unternehmen nicht unmittelbar vor einer Krise steht, ist Vorbeugung ratsam. "Auch wenn Ihr Unternehmen krisenfrei ist, sollten Sie sich jeden Tag einen bestimmten Zeitraum nehmen, um sich gedanklich auf die Lösung einer Krise vorzubereiten", empfiehlt Norman R. Augustine, amerikanischer Top-Manager bei Lockheed Martin. "Es gibt keine wundersame Notrufnummer, die man anrufen könnte, wenn die Lage kritisch wird."

Ein Krisenplan muss rechtzeitig entwickelt werden. Dazu gehört auch, alle Beteiligten darin zu schulen, eine sich entwickelnde Krise auch anhand schwacher Signale zu erkennen. Hilfreich kann eine Liste mit möglichen Punkten sein, die dem Unternehmen Ärger bereiten könnten. Hierzu sind die Folgen zu überlegen und die Kosten für Präventivmaßnahmen zu kalkulieren. Schon vor einer Krise sollten Aktions, Kommunikations- und Notfallpläne vorliegen, sowie Back-up-Systeme für die Datenverarbeitung.

Zu einer effektiven Krisenprävention gehört zudem, die Notfallstrategien zu testen. Nur dann ist gewährleistet, dass im Ernstfall sinnvolle Maßnahmen ergriffen werden. Unternehmen, die so offen mit möglichen Problemen umgehen, werden sie in Krisensituationen auch lösen. (DVZ 28.02.2002)

 

Kontakt: kuemmerlen@dvz.de

 

Stadien der Krise erkennen

(rok) Je mehr Fragen dabei mit "nein" beantwortet werden und je weiter die verneinten Fragen am unteren Ende stehen, umso bedrohlicher ist die Situation. Früherkennung (leichte Krise): Sofern lediglich diese Fragen mit "nein" beantwortet werden, besteht noch genug Zeit zu handeln:

- Haben Sie neue Geschäftsideen?

- Haben Sie neue Produkte/Dienstleistungen?

-Haben Sie genug neue Kunden gewonnen? Späterkennung (mittlere Krise): Werden diese Fragen mit "nein" beantwortet, sind schnellstens Lösungen und Strategien gefragt:

- Ist Ihr Betriebsergebnis wirklich gut?

- Steigt Ihr Umsatz?

- Haben Sie Ihre Kosten im Griff? Schwere Krise: Sofern diese Fragen mit "nein" beantwortet werden, sieht es sehr schlecht mit dem Unternehmen aus. Die Probleme wurden zu spät erkannt, eine Pleite ist nahezu unabwendbar:

- Reicht Ihr flüssiges Geld aus? (Liquidität)

- Gibt Ihnen die Bank noch Geld? (Kreditwürdigkeit)

- Vermeiden Sie erfolgreich die Pleite? (Insolvenz)

(DVZ 28.02.2002)

 

Bücher zum Thema

- Töpfer, Armin: Plötzliche Unternehmenskrisen - Gefahr oder Chance? Luchterhand Verlag, Neuwied, 1999, 282 Seiten, 29,90 EUR

-Birker, Klaus; Pepels, Werner (Hrsg.): Handbuch Krisenbewusstes Management; Krisenvorbeugung und Unternehmenssanierung. Cornelsen Verlag, Berlin, 2000, 360 Seiten, 29,90 EUR (DVZ 28.02.2002)

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