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Nachrichten : Sonderseiten : Reise
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24.02.2001 |
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Krisenmanagement
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Die
Branche hat das Thema verschlafen |
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Im
Katastrophenfall sind allenfalls die Großen der Touristik
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Sabine Neumann /
Horst Schwartz |
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Die nächste Katastrophe kommt
bestimmt - ein Lawinenabgang zum Beispiel oder ein Busunglück,
ein Brand auf einer Fähre, ein Flugzeugabsturz ... Doch die
wenigsten touristischen Leistungsträger sind auf katastrophale
Unglücksfälle vorbereitet.
Hannover liegt im Schlaf.
Auch in der Zentrale der Touristik Union International (TUI)
an der Karl-Wiechert-Allee sind die Lampen längst erloschen.
Nur in einem Raum in der vierten Etage brennt auch nachts das
Licht - "bis die letzte Maschine irgendwo draußen in der Welt
sicher gelandet ist", wie es ein Mitarbeiter formuliert. Das
TUI-Ops (für Operations), wie Flugleitstellen griffig genannt
werden, arbeitet praktisch rund um die Uhr. Das ist
Krisenmanagement: Schnell die richtigen Schritte bei Pannen,
Fehlleitungen, Fällen von Höherer Gewalt einleiten, das ist
das Alltagsgeschäft. Doch auch bei Krisen und Katastrophen ist
das Ops, dann durch alle erforderlichen Experten verstärkt,
die zentrale Schaltstelle.
Rückblende: Zypernkrise im
Juli 1974. Im Hause Neckermann greift man in die Schublade und
holt Evakuierungspläne hervor. In kürzester Zeit werden die
deutschen Gäste - auch die der Konkurrenz, versteht sich -
ausgeflogen und in Sicherheit gebracht. Auch das war, zu
früher Zeit schon, professionelles Krisenmanagement. Zum
ersten Mal erlebte die breite Öffentlichkeit, welch großes Maß
an Sicherheit ein Pauschalveranstalter zu geben vermag.
Großveranstalter sind es denn auch, die die systematische
Vorbereitung auf den Ernstfall - den Busunfall, das
Safariunglück, den Flugzeugabsturz - zum Kleinen Einmaleins
zählen. Doch solche Unternehmen sind die Ausnahme.
"Die
Branche hat das Thema verschlafen", bringt es Adrian von
Dörnberg, Marketing- und Vertriebsvorstand der Europäischen
Reiseversicherung, auf den Punkt. Die Unternehmens-Tochter
Touristik Assekuranz Service (TAS) bringt jetzt eine
Versicherungslösung für den Krisenfall auf den Markt, die
"überall reinpasst, auch in Großveranstalter, aber primär für
den Mittelstand entwickelt wurde", so TAS-Geschäftsführer
Dieter Grathwohl. Denn mit Krisensituationen beschäftigen sich
viele Unternehmen, besonders aus dem Mittelstand, oft erst
dann, wenn sie aktuell von einem Unglück betroffen
sind.
Selbst wenn sie eine Handvoll Mitarbeiter zur
Problemlösung abstellen können, ist deren Kraft schnell
erschöpft. Zudem "stürzt im Krisenfall auf das
Firmenmanagement in kürzester Zeit so viel ein, dass es keine
Chance mehr hat, sich zu organisieren". Diese Erfahrung hat
Peter Höbel gemacht, Geschäftsführer der Frankfurter
Unternehmensberatung crisadvice, die sich auf Krisenmanagement
spezialisiert hat. Ein weiteres Problem nennt Dieter
Grathwohl: "Ein betroffener Betrieb ist telefonisch gar nicht
mehr erreichbar, weil Hunderte von Leuten anrufen, um sich
nach dem Unglück zu erkundigen ..." Kein mittlerer oder
kleiner Veranstalter kann den Bedarf an Manpower vorhalten,
der im Katastrophenfall benötigt wird, zumal das
Alltagsgeschäft weiterläuft. Die Prävention von der
Mitarbeiterschulung bis zur Ausarbeitung von Handbüchern
verursacht erhebliche Kosten und setzt Fachwissen voraus. Als
Lösung kann sich crisadvice-Chef Höbel den Aufbau eines
Netzwerks vorstellen, das binnen kürzester Zeit die Mitarbeit
von Psychologen, Anwälten, Logistikern und auch
Kommunikationsfachleuten aktiviert.
Wer Presse und
Öffentlichkeit im Ernstfall nicht schnell und korrekt
informiert, hat beim Kampf um die Schadensbegrenzung schon
verloren. Ein schlecht gehandhabter Krisenfall kann nicht nur
das betroffene Unternehmen an den Rand des Konkurses drängen.
"Bei diesen Unglücken und Katastrophen geht es nicht nur um
die Existenz und das Image einzelner Unternehmen", betont von
Dörnberg, "sondern es geht um den Ruf der gesamten Branche."
Der Concorde-Absturz im vergangenen Jahr gilt in der Branche
als Musterbeispiel für gekonnte, angemessene
Öffentlichkeitsarbeit im Krisenfall. Dabei spielt die
Geschwindigkeit der Reaktion eine maßgebliche Rolle.
So
traurig das ist: Beim Kampf gegen die Zeit kommt es nur allzu
oft darauf an, die Angehörigen zu benachrichtigen, bevor die
Namen - und vielleicht sogar Bilder - von Opfern in den Medien
verbreitet werden. "Im Katastrophenfall muss man heute in
neuen Dimesionen denken", umschreibt Rainer W. Kemmler,
Luftfahrtpsychologe bei der Lufthansa, das Problem, "wir haben
es mit schnellster Kommunikations-Technologie zu tun. Deadline
ist in 40 Minuten!" Und: "Wer zugibt, dass etwas passiert ist,
auch ohne die Ursache für das Unglück zu kennen, hat schon die
erste Stufe des Vertrauens erreicht." Bei solchen Postulaten
weiß Kemmler, wovon er spricht. Schließlich hält sein
Hauptarbeitgeber Lufhansa - nebenberuflich ist er auch für
crisadvice tätig - nicht weniger als 1000 gut ausgebildete
Helfer für den Ernstfall in Reserve. Außerdem können noch die
weltweit acht Call Center des Unternehmens wichtige
Kommunikationsaufgaben übernehmen.
Damit folgt der
Kranich-Carrier einer Entwicklung, die in den USA schon vor
Jahren eingesetzt hat. Wegen der verschärften Produkthaftung,
die zulässt, dass Betroffene in Millionenhöhe klagen können,
haben sich US-Airlines dazu entschlossen, Betroffene eines
Unglücks persönlich zu betreuen. "Dazu braucht man im
Einzelfall eine Menge Leute", sagt Kemmler, "und wiederum sind
die eigenen Leute am besten geeignet." American Airlines als
Schrittmacher hat als erster Carrier ein Care Team von 600
Mitarbeitern ausgebildet, eine - wie Kemmler betont - "interne
Serviceleistung".
In den USA muss jede Gesellschaft,
die das Land anfliegt, ein Krisenkonzept vorweisen können. So
sind die ausländischen Carrier verpflichtet, im Falle eines
Unglücks in den USA die Kosten für den Transport der
Opfer-Angehörigen zur Unfallstelle zu übernehmen. "Das war für
die Europäer ein Signal, es den Amerikanern gleichzutun", sagt
Kemmler. Europäische Airlines hatten zwar schon immer
irgendwelche Krisenkonzepte, aber nicht in diesem Ausmaß.
Kemmler: "Früher bestand ein Krisenteam aus 50 Leuten." Bei
einem Unglück mit 350 Betroffenen benötigt man aber "das
Dreifache an Krisenpersonal".
Schrecken Großlösungen in
ihrer Perfektion nicht kleinere und mittlere Firmen ab? Die
Zahlen sind dazu geeignet. "Ein Experte kostet vier- bis
fünftausend Mark am Tag", rechnet Peter Höbel vor, "damit
kommt man aber nicht weit, es werden mindestens vier bis fünf
gebraucht." Dieses Aufgebot muss "drei Tage bis eine Woche"
vorgehalten werden - da entstehen schnell Kosten in Höhe von
bis zu 200 000 Mark.
"Bei kleineren Unternehmen geht
das rasch an die Existenz", schätzt Reiner W. Kemmler. Er
stellt zur Diskussion, dass sich Unternehmen zusammentun, um
fundiertes Krisenmanagement bereits im Vorfeld einer Krise zu
betreiben. Genau hier greift auch die Lösung der TAS. Völlig
unabhängig von den materiellen Schäden im Falle eines
Unglücks, die durch normale Versicherungen abgedeckt sind,
deckt sie für versicherte touristische Leistungsträger die
Kosten für erforderliche Experteneinsätze. Mehr noch: Sie
sorgt dafür, dass überhaupt "Experten aus verschiedenen
Bereichen betroffenen Unternehmen zur Seite stehen und sie zum
Beispiel bei der Betreuung von Angehörigen und beim Dialog mit
der Öffentlichkeit unterstützen", so Adrian von Dörnberg. Hier
arbeitet die TAS eng mit dem Unternehmen crisadvice zusammen,
das in der Branche einen untadeligen Ruf genießt. Ihre Erfolge
dürfen solche Unternehmen nicht an die große Glocke hängen.
"Oberstes Gebot ist Seriosität", betont Peter Höbel, "wir
arbeiten im Sinne der Angehörigen im Hintergrund." |
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